Spachtelarbeiten „malerfertig“ - Warum diese Formulierung zum Streit führen kann


Malerfertig spachteln: Ein Begriff, der oft für Missverständnisse sorgt


Als Maler stehe ich immer wieder vor derselben Herausforderung: der Begriff "malerfertig spachteln".

Was für uns Fachleute eine klare Definition hat, führt bei vielen Kunden zu Missverständnissen und nicht selten sogar zu Streit.

Warum ist das so, was genau bedeutet dieser Begriff, wie ist er in Österreich geregelt, und wie kann man solche Missverständnisse vermeiden? Lassen Sie uns das genauer beleuchten.


Was bedeutet "malerfertig spachteln"?

Im Grunde genommen beschreibt "malerfertig spachteln" den Zustand einer Oberfläche, die bereit ist, gestrichen, tapeziert oder anderweitig beschichtet zu werden. Es bedeutet jedoch nicht, dass die Oberfläche absolut makellos ist oder alle Unebenheiten vollständig egalisiert wurden. Vielmehr geht es darum, eine gewisse Grundebenheit und Beschaffenheit herzustellen, die für die geplante Endbeschichtung ausreicht.


Das Problem liegt oft in der unterschiedlichen Erwartungshaltung. Während der Kunde eine perfekt glatte, wie gespachtelt aussehende Oberfläche erwartet, meint der Maler oft eine standardmäßig vorbereitete Fläche, die für die meisten Anstriche völlig ausreichend ist.


Warum wird "malerfertig spachteln" zum Streitpunkt?

Der Hauptgrund für Auseinandersetzungen ist die fehlende, einheitliche Vorstellung davon, was "malerfertig" konkret bedeutet.

Kunden stellen sich oft ein "Spiegelbild" vor, eine Oberfläche ohne jegliche sichtbare Vertiefung oder Erhebung, die sie aus Hochglanzmagazinen kennen.

Für den Maler bedeutet es aber meist, die DIN-Normen oder ÖNORMEN zu erfüllen, die je nach Qualitätsstufe unterschiedliche Anforderungen stellen.

Dieser Unterschied in der Wahrnehmung führt unweigerlich zu Frustration auf beiden Seiten. Der Kunde fühlt sich getäuscht, und der Maler ärgert sich über unbegründete Reklamationen.


Die gesetzliche Regelung in Österreich: Q2 als Standard

In Österreich wird die Qualität der Spachtelarbeiten durch die ÖNORM B 3415 „Putz- und Spachtelarbeiten – Allgemeine Anforderungen an die Ausführung“ definiert.

Hierbei gibt es verschiedene Qualitätsstufen, von denen Q2 die gängige und oft als "malerfertig" bezeichnete Standardausführung darstellt.


Was bedeutet Q2 konkret?


Q2 ist die Standard-Qualitätsstufe für Spachtelarbeiten, die für die meisten Innenräume und Oberflächen, die gestrichen oder tapeziert werden, ausreichend ist.

Sie beschreibt eine Oberflächenqualität, die folgende Merkmale aufweist:
* Minimierung von Unebenheiten: Leichte Unebenheiten, die unter Streiflicht sichtbar sind, können bei Q2 noch vorhanden sein, sind aber für eine Standardbeschichtung unkritisch.
* Vorbereitung für normale Anstriche: Die Oberfläche ist für matte Dispersionsfarben, Rauhfaser- oder andere Standardtapeten geeignet.
* Schließen von Fugen und Löchern: Typische Fugen von Trockenbauplatten oder kleinere Löcher sind gespachtelt und geschliffen.


Wichtig ist zu verstehen, dass Q2 nicht bedeutet, dass die gesamte Wand flächig überspachtelt wird, um eine perfekte Ebenheit zu erzielen.

Es geht vielmehr darum, eine funktionsfähige und ästhetisch ansprechende Basis für die Endbeschichtung zu schaffen, ohne den Aufwand einer Hochglanzoberfläche zu betreiben.

Für höhere Ansprüche, wie etwa sehr glänzende Anstriche oder besondere Lichtverhältnisse, sind höhere Qualitätsstufen wie Q3 oder Q4 erforderlich, die einen deutlich höheren Arbeitsaufwand und somit höhere Kosten bedeuten.


Ein Beispiel aus meiner Praxis


Lassen Sie mich Ihnen ein konkretes Beispiel aus meinem Arbeitsalltag geben. Ich hatte einen Kunden, der sein Wohnzimmer neu streichen lassen wollte. Im Angebot stand "malerfertig spachteln".

Nach Abschluss der Arbeiten, als die Wände gestrichen waren, war der Kunde sichtlich unzufrieden. Er zeigte auf einige Stellen, an denen bei starkem Streiflicht noch minimale Unebenheiten zu erkennen waren.

Er war der festen Überzeugung, dass "malerfertig" bedeutet, dass die gesamten Wände wie neu und absolut glatt sind, als wären sie komplett neu und flächig verspachtelt worden.


Ich erklärte ihm, dass wir gemäß dem Standard Q2 gearbeitet hatten, was für matte Dispersionsfarben völlig ausreichend sei und die von ihm genannten "Unebenheiten" im Rahmen der Norm lägen.

Für eine "perfekte" glatte Oberfläche, die er sich vorstellte, hätte es einer Spachtelung nach Q3 oder sogar Q4 bedurft, was einen wesentlich höheren Aufwand und dementsprechend höhere Kosten bedeutet hätte.

Dieses Missverständnis hätte vermieden werden können, wenn wir die Erwartungen des Kunden im Vorfeld noch genauer besprochen und die verschiedenen Qualitätsstufen erläutert hätten.


Fazit und Empfehlung


Um solche Missverständnisse zu vermeiden, ist eine offene und transparente Kommunikation mit dem Kunden unerlässlich.


Fazit: "Malerfertig spachteln" ist kein trivialer Begriff. Er birgt das Potenzial für Missverständnisse, die jedoch durch klare Kommunikation und das Wissen um die geltenden Normen vermieden werden können. So stellen wir sicher, dass am Ende sowohl der Maler als auch der Kunde zufrieden sind.


Kommentar hinzufügen

Kommentare

Es gibt noch keine Kommentare.